Pyro-Debatte, Kapitel 1000irgendwas

Also, ich für meinen Teil bin durch mit Feuerwerk aller Art. Selbst mit einer handelsüblichen Hummel aus dem Kindersortiment kann man mir schon gehörigen Respekt einflößen. Der Sylvesterabend 1988 bei meinem Schulfreund aus Kaltenkirchen zeichnet dafür verantwortlich. Weniger verantwortlich war hingegen der Umgang mit dem aus der Hausbar geklauten 80-Prozent-Strohrum. Vorallem gepaart mit D-Böllern, die man lattenstramm schinkenweise zu Bomben zusammenklebte, um damit leerstehende Scheunenruinen dem Erdboden gleich zu machen. Was man halt so gemacht hat damals im Alter zwischen 12 und 14... Wie zu vermuten war, bildeten Schwarzpulver und Feuerwasser eine unheilige Allianz und der Schuss ging eher nach hinten los. Seitedem verbringe ich den Jahreswechsel meistens daheim und gehe zeitig zu Bett.

Ich hab zeitlebens nicht ein Bengalo abgefeuert und meide entsprechende Bereiche, wenn ich weiß, dass dort gleich was kokelt.

Dennoch gefällt mir Pyrotechnik in Stadien. Scheiss auf die Optik! Ich kriege doch nach drei Dekaden Stadiongang keine Mini-Orgasmen mehr, nur weil da für zwei Minuten ein wenig Rauch hochgeht, wenngleich es schon mächtig was hermachte, als ich gestern vom Klo in die Kurve kam und das vom Wind hoch gepustete Konfetti im diffusen Rauch aufstieg, zusammen mit der Akustik einen deftigen Einlauf ergab.

Nein, die ewige Debatte um Pyrotechnik, gefühlt fast so alt wie die Welt, gefällt mir. Nicht, dass man irgendeinen inhaltlichen Nutzen aus den Beiträgen aka Hirnwichse der Beteiligten generieren könnte. Beileibe nicht. Aber mich persönlich erdet das Ganze, justiert meine Verortung. Ist erstmal die Hemmung vor unendlicher Fremdscham gewichen, die Kommentarspalte unter dem neuesten heißen Mopo-Bericht, in dem uns Buttje und Co. von der schier grenzenlosen Wut der Vereinsangestellten des FC St. Pauli erzählen, gelesen, kommt die alte Aggression wieder hoch. In solchen Momenten freue ich mich diebisch, dass mir doch noch nicht alles im Leben am Arsch vorbei geht. Wegen der zu erwartenden 10 000 Ocken Strafzahlung muss der FCSP nämlich am Ende der Saison vom Spielbetrieb abgemeldet werden. Hat die Mopo nicht geschrieben, aber der Duktus geht in etwa in diese Richtung. Man könnte drüber lachen, aber für mich ist es ratsam, in regelmäßigen Abständen die dazu gehörenden Kommentare nach dem Motto "wegsperren und nie wieder raus lassen" aufzusaugen und den guten alten Hass-Motor mal wieder anzuwerfen. Zuletzt wurde eh viel zu wenig gehatet im Kiezkieker!

Dieser Verein hat vier (?) Millionen Sympathisanten und gut 20 000 regelmäßige Stadiongänger. Das macht eine Diskrepanz von 3 980 000. Ich fürchte, unter denen sind Arschlöcher. Und zwar nicht zu knapp!

Aber auch innerhalb der kleineren Gruppe, also denen, die ans Millertor pilgern, vermute ich schlichte Gemüter. Tauscht ihr mal eure Fanutensilien mit den Dosen-Trotteln! Ein wenig Angebiedere, ein Statement gegen Rassismus und (welch Wunder!) mal ein Ost-Verein (wobei Österreich ja eher im Süden liegt), bei dem sich keine Stiernacken (trotz red bull) im Block tummeln... prompt kommen die ersten Nerds hier um die Ecke, um uns die Anhänger des Plörren-Konstrukts schmackhaft zu machen. FUCK YOU! FUCK YOU SO MUCH!