Leseprobe...

... nannte man das, was nun kommt,  früher. Beim Blick auf die Inhalte hier ist eine gewisse Bildlastigkeit nicht zu leugnen. In der fußballlosen Zeit fällt das Ganze noch mehr ins Gewicht und Langeweile scheint unvermeidbar, weswegen wir jetzt krampfhaft nach alternativer  "(Auswärts)-Blogfüllmasse" suchen und fündig werden wollen.

Einfach ältere Texte hier hinein kopieren... wie bequem! Gleichzeitig räumt man auch ein wenig den Rechner auf, obwohl der Kampf gegen die hiesige digitale Unordnung ein nicht zu gewinnender gegen Windmühlen bleibt. Wie dem auch sei... in der Winterpause also nun fortan immer mal ein eingestreuter, frisch entstaubter Textbeitrag. Dieses Mal:

 

Maskottchen/Kiezkieker #77:

 

Immer Ärger mit Bossi

 

 

Bevor uns der Glubb im letzten Heimspiel die sportlichen und linguistischen Grenzen aufzeigte, durfte der Düsseldorfer Keeper Michael Rensig hier ja ordentlich einstecken. Einer seiner Vorgänger, nämlich Carsten Nulle, konnte dagegen auch ordentlich austeilen. Nach dem gewonnenen Pokalspiel beim KFC Uerdingen am 30/09/2004 streckte dieser nämlich das Maskottchen, den selbsternannten Grotifanten, der ehemaligen Bayer-Filiale mit einem „klassischen Boxhieb“ (RP-Online) nieder. Bereits ein halbes Jahr zuvor war die Elefanten-Abart, deren Innenleben mit bürgerlichen Namen Andreas Bosheck heißt, von Düsseldorfer Hools durch die Europacup-erfahrenden Weiten der Grotenburg-Kampfbahn gejagt worden. Und ein Grotifant vergisst halt nicht; beim Spielabbruch 2011 zwischen dem Düsseldorfer Stadtteilverein Germania Ratingen und dem KFC sah Reviersport (Selbstbezeichnung: Ehrlich.Echt.) das graue Rüsseltier sogar „in der ersten Reihe mitmischen.“ Es drohte ein running gag. Schon Boshecks Vorgänger war kein Kind von Traurigkeit. Ende der 1990er Jahre attackierte er einen Linienrichter, worauf er mit einem lebenslangen Stadionverbot belegt wurde und das Kostüm mitsamt seinem unheimlichen Stress-Magneten an seinen Nachfolger, ebenjenen Bosheck, in Fankreisen Bossi genannt, weitergeben musste.

 

Warum ich hier uralte Geschichten aus dem Niederrhein-Pokal aufwärme? Weil der Grotifant schon wieder in eine Schlägerei verwickelt war. Bereits im September wurde ihm, in der Partie gegen den VfR Fischeln, beim Jubeln auf dem Zaun der Kopf „abgerissen“ und in den Nachbarblock geworfen. Das Corpus delicti wurde von einem Kind gefangen und wie eine Trophäe durch den Block getragen, bis der wütende Bossi sich sein Eigentum wiederholte, was letztendlich in einem Tumult und schlussendlich in den Zeitungspalten endete. Die Schadensbegrenzung durch Bossi, der „selbst nicht mitgeprügelt habe, wie es internationale Medien im Nachgang darstellten“ kam zu spät. Neben der BLÖD war es selbst der Gazzetta dello Sport eine Meldung wert. Bosheck sah sich (wie überhaupt seit 15 Jahren) falsch dargestellt: "Es ist doch klar, dass man sich zurückholen will, was einem gehört. Ich klaue doch auch keine Ultras-Fahne." Inhaltlich schon nachvollziehbar, aber auch verständlich, dass die altehrwürdige Gazzetta dello Sport für „Ultras“ nicht weiter über den Zirkusverein KFC Uerdingen berichtete.

 

Der Grotifant, er ist ein Phänomen, versucht sich die RP-Online in einer Analyse: Zwar dümpelt der ehemalige Bundesligist KFC Uerdingen seit Jahren in der sportlichen Bedeutungslosigkeit herum - sein Maskottchen aber ist und bleibt Kult. Es hat einen Bekanntheitsgrad wie das Zebra Ennatz in Duisburg oder das Fohlen Jünter in Gladbach. Und ein gutes Maskottchen zu finden, ist gar nicht so leicht: Wer kennt schon Berni, den Bären des FC Bayern? Doch warum ist der Grotifant so populär? Eine Marketingexpertin wie Nicole Stocks von der Krefelder Werbeagentur Nimm3 sieht besonders einen Grund: "Ein Elefant ist per se schon mal ein sympathisches Tier, ihm werden ja auch menschliche Eigenschaften zugeschrieben." Und obwohl es ein Streit war, der den Grotifanten in die Schlagzeilen brachte, glaubt sie nicht, dass dies für Krefeld ein Negativimage bedeutet. Bleiben wir mal realistisch und formulieren das für unmöglich-Gehaltende: Negativimage für Krefeld?! Doch in der Beurteilung der Wahl des Tieres liegen Frau Stocks und ich auf einer Rüssellänge. Andere Vereine haben da ganz andere Sorgen beziehungsweise Maskottchen.

 

Fangen wir doch vor der eigenen Haustür an. Die (richtig) alten Leser*innen und Ben haben bestimmt noch Wumbo miterlebt, oder?! Die Heide-Park-Soltau-

Ratte, aus deren Bauchnabelflusen der Berliner Ab- oder besser Bettvorleger Herthinho entstand, wird den 27/04/1990 vermutlich nie vergessen. Als Symbol für „Kommerz und Dumpfbackigkeit“ (mopo) vom kritischen Publikum ausgemacht, wurde das braune Zotteltier mit Bier und Verbalinjurien überschüttet und aus dem Millerntor gejagt. Ein weiterer Versuch eines Maskottchens war mit einem Spiel auch schon wieder beendet und auch der „HEIDE-PARK!!!“ (Olli Schulz) beendete sein Engagement bei unserer aller Lieblingsverein. Die schon zuvor gescheiterten Vorgänger waren die Ziege Jockeli und das Pony Paulchen. In Anlehnung an Trainer Kurt Krause, genannt Jockel, erschien Mitte der 1960er Jahre der kleine Bock auf dem heiligen Rasen des Heiligengeistfeldes und verschwand mit Entlassung des Übungsleiters auch schon wieder. Knapp 10 Jahre später versuchte der spätere Präsident Wolfgang Kreikenbohm das Pony Paulchen aus dem hauseigenen Pony-Park Padenstedt als Glücksbringer zu etablieren, was ebenfalls misslang. Dabei kann nicht bloß die physische Anwesenheit eines Maskottchens für Unmut sorgen.

 

Das offizielle Maskottchen der Biathlon-WM 2007 in Südtirol war ein Braunbär. So weit, so gut. Winter(sport) und Bär passen primär zusammen, obwohl der Bär zu dieser Zeit eigentlich schlafen sollte. Der Name Bumsi, der lautmalerisch das Schussgeräusch der Gewehre nachahmen sollte, stieß dann nicht nur bei PR-Fachleuten und Frauenrechtlerinnen auf Widerstand.

 

Letztere störten sich an den sexuellen Anspielungen und unfreiwilligen Assoziationen, die der Name bei vielen auslöst. Marketing-Experten und vermutlich selbst Hörgeschädigten-Verbände bemängelten, dass es am Schießstand kein Geräusch bum geben würde, sondern peng. In Deutschlands öffentlich-rechtlicher Medienwelt wurde das Maskottchen, in Anlehnung an den 2006 nach wochenlanger Aufregung in den Alpen erschossenen Braunbären Bruno, salopp als Problembär bezeichnet. Annähernd schlüpfrig war auch der Name des Maskottchens des Retortenvereins HSV Handball. Hornisse Horni stach, wie die anzufeuernden Spieler immer weniger und wurde dort letztes Jahr ersatzlos und vor allem medienunwirksam gestrichen. Die letzten Worte des Ex-Maskottchens an seine Fans: „Bleibt immer stachlig!“ Rauschend war dagegen der Abgang von Hamster Udo im September dieses Jahres. Weil das Maskottchen der Mannheimer Adler erneut die gegnerischen Fans nach dem Heimspiel gegen die Schwenninger Wild Wings (1:0) mit obszönen Gesten provozierte, hat der deutsche Eishockey-Meister dem Darsteller die Rote Karte gezeigt. Udo hatte dem Publikum unter anderem den Stinkefinger entgegengereckt und die Hüfte vor und zurück geschoben, wie ihr auch im Kiezkieker-Blog sehen konntet. Warum die „Adler“ ausgerechnet einen Hamster als Maskottchen haben, sollte eigentlich Gegenstand der Diskussion werden, aber vielleicht teilen sie sich diesen mit dem benachbarten FSV aus Frankfurt, wo er jedoch Franky genannt wird. Abschlossen wird die Liste von sexuell aufgeladenen und behaarten Vierbeinern mit dem Hasen Hopsi, von dem ich erst annahm, dass es sich um die eine Hälfte eines versauten Repräsentanten-Duos des Jolly Roger Fick-Verein e.V. handelte und nicht um das offizielle Wappentier der Ski-WM 2013 im österreichischen Schladming.

 

 

Bjergen motherfuckin´ Kjergen