Mir ist schon ganz flau im Magen

Der Abend vor dem Derby fühlt sich an wie der Abend vor der Abi-Prüfung vor einem Vierteljahrhundert. Leistungskurs Bio, Genetik. Nicht gelernt, auf Allgemeinbildung vertraut, aber auch nicht frei von Zweifeln bezüglich der eigenen Marschroute gewesen.

Um es kurz zu machen: Hoffen wir, dass unsere Kicker für das morgige Match besser vorbereitet sind als ich es bei der Prüfung war.

Damals habe ich noch geflucht über die drei Punkte, also eine 5+, die den gesamten Notenschnitt letztlich nach unten riss. Dieses Mal wäre ich mit drei Punkten mehr als zufrieden...

Eigentlich möchte ich auch nur, dass diese anstrengende Zeit endlich endet und mal ein bißchen Regeneration erlaubt ist,.

Mal ein gutes Buch lesen.

An dieser Stelle muss ich kurz pausieren und mir selbst ausgiebig für diese hervorragende Überleitung mittels Schulterklopfen gratulieren................................................... OK!

Eines vorweg: Ich lese keine Romane. Selbst in Zeiten, in denen es noch kein Internet gab, habe ich niemals ein nennenswertes Faible fürs Lesen entwickelt. Das dürfte vielleicht erstaunen, spiele ich mich doch nicht selten als Gralshüter hiesiger Sprachkultur und Grammatik-Pedant der schlimmsten Sorte auf. Da kommt dann wieder die Allgemeinbildung ins Spiel, die einen beim Abitur noch so sträflich im Stich ließ. Man muss halt auch so tun, als ob man deutlich belesener sei als sein Gegenüber. Dass beispielsweise Fjodor Michailowitsch Dostojewski weder Maler noch Komponist war, sollte man dann aber natürlich im Laufe der Jahre schon irgendwo aufschnappen.

Ich lese nicht mal mehr Fanzines. Höchstens noch quer. Alles langweilt mich so sehr, dass es körperliche Pein bereitet.

Die eigene Abwehrhaltung gegenüber Phrasen, die im Fußball-Umfeld ja nun mal leider inflationär benutzt werden, ist das gezielte arrythmische Irritieren, wenn ab und zu Stereotype zerbröselt werden. Ein Vorwort mit der Einläutung "Komme ich gerade vom allwöchentlichen Anal-Bleaching-Termin nach Hause..." usw. zu beginnen, macht mir persönlich einfach gute Laune, bricht diese triste Kruste auf, die jeden Tag gleich fade schmeckt.

Ein Bruder im Geiste ist der Herr Gottschalk. Kommt da letztens an und haut einfach mal den ersten deutschen Ultras-Roman aus der Hüfte. Und was für ein großartiges Werk das geworden ist! Das würde ich auch dann sagen, wenn sich die Handlung nicht innerhalb der braunweißen Welt, Kurve und Gruppe drehte, sondern in Köln, Berlin oder Dortmund. Nur hätte ich weder einen Wilde Horde-, noch einen Harlekins- oder gar Desperados-Roman von 328 Seiten gelesen, zugegeben.

Aufgrund der miesen Hatz durch die Wochen vorm Derby bin ich mit der Lektüre von "Konfetti im Bier" auch noch nicht ganz durch, kann aber besten Gewissens eine absolute Kaufempfehlung für dieses Kleinod braunweißer Fankultur abgeben. Und das sage ich ganz bestimmt nicht nur deswegen, weil meinereiner auch Vorbild für eine der dargestellten Charaktere ist. Dreimal dürft ihr raten, welche ich meine.

Dafür müsst ihr jedoch erstmal für 15 Euro ein Exemplar erwerben. Gibt's natürlich im Fachhandel oder im Fanladen. Auch bei uns am Kleberstand, wenn das in der morgigen Hektik nicht vergessen wird...

Im Kiezkieker #133 gegen Duisburg gehe ich nochmal etwas ausführlicher auf die Materie ein. Vielleicht versuche ich mich auch mal an einem eigenen Kapitel. Ich rühr schon mal einige Liter Filmblut an!