Intimschatulle II

So, Freunde... Bjergen Kjergen mit dem 2. Teil seiner Kolumne:

 

23.04.

In was für einer Nachbarschaft lebe ich eigentlich? Komme gerade vom Joggen nach Hause und sehe einen Werbe-Aufkleber von Franz-Josef Strauß mit Deutschlandfahne. Angebracht auf der Biomülltonne. Musste deshalb kurz überlegen, ob es sich um einen Fan oder Gegner der „braunen Tonne“ FJ Strauß handelt?

 

 

27.04.

 

Neben dem Haus, in dem ich wohne, ist eine Bäckerei und seit kurzem ein Stand an dem irgendein Bauernverein seinen grundgesetzlich verankerten „Blutspargel“ an den Deutschen Michel bringt. Beim Warten vorm Bäcker „darf“ ich an dem Gespräch zwischen dem Bäckerei- und dem Spargellieferanten teilhaben: „Angst vor dem Virus? Nein, aber um die Wirtschaft! Ich halte ja nichts von der AfD, aber neulich habe ich bei facebook gelesen...“ Weiter kam er nicht, weil mein Katana ihm in Sekundenbruchteilen die Kehle aufschlitzte. Durchtrennte mühelos die Halsschlagader und Sehnen und ließ ihn wie einen schlaffen Sack zu Boden sinken. Könnte manchmal so einfach sein!

 

 

30.04.

 

Die derzeitige Situation prosperiert verschiedene Ängste und Nöte, aber auch Chancen und positive Veränderungen: seit der „Internierung“ (kritischer Begriff) habe ich mindestens 8 Kilo verloren, meine Haare sehen länger viel besser aus und ich bekomme Sport, Familie und Arbeit unter einen Hut. Ansonsten heißt es nämlich: „die Zeit, die mir [sonst] fehlt, ist das Geld, das ich [auch weiterhin] krieg!“, wie Pascow singen.

 

 

01.05.

 

1. Mai, Tag der Arbeit: „Tennis Tracksuit sitzt, doch spiel kein Tennis!“ (Big Pat). Später noch zur Arbeit gefahren. Nachts, 3 Uhr und besoffen. Kurz gewartet und dann schnell nach Hause gefahren. Einfach so! Hoffentlich hat mich niemand gesehen!

 

 

03.05.

 

Beobachtung: Eine Fahrschule in meiner Nachbarschaft heißt Fahrschule kickdown. Klingt stark nach Nachprüfung in den ersten 2 Monaten.

 

 

05.05.

 

Neulich musste ich beruflich in eine andere Schule; als ich das Sekretariat betrat, bemerkte mich niemand (ungünstig), die beiden Sekretärinnen saßen mit dem Rücken zur Tür (üngünstiger) und spielten Spider Solitär auf ihren PCs (ganz ungünstig). So blieb ich einige Sekunden stehen und entschloss mich, nochmal etwas lauter in den Raum reinzukommen. Durch mein Husten und Schlurfen aufgeschreckt, öffneten beide MA ein leeres Worddokument und täuschten berufliche Geschäftigkeit vor, bevor sie sich zu mir umdrehten.

 

 

08.05.

 

Mit einer Freundin im Park dem Genuss von weichen Drogen gefrönt. Danach Starkhunger, also zu Rewe, aber die Maske vergessen. Nach Hause und wieder in den Laden. Auf dem Laufband das Ganze Desaster betrachtet: Kirschpaprika mit Frischkäse, Rewe beste Wahl TK-Pizza Ziegenkäse, Ahoi-Brausewürfel und ein Marabou-Eis, das ich auf dem Heimweg schon aufgegessen habe (siehe Foto). Bar bezahlt; Alles falsch gemacht.

 

 

 

 

 

10.05.

 

Laufen, laufen, alles wieder raus laufen! „Nichts schmeckt so gut wie sich dünn sein anfühlt!“, um wenigstens einmal Heinz Strunk zu zitieren.

 

 

13.05.

 

Beobachtung: Es gibt in meiner Nachbarschaft immer mehr Tauben. Sie sitzen auf Simsen und Rinnen, wo sie vorher nie gesehen waren. Treibt sie der Futtermangel, der aus den fehlenden Tourist:innen resultiert, aus der Innenstadt in die Vorstädte? Stadtflucht?

 

 

15.05.

 

Kinderhörspiele, Beispiel IV: in Bibi Blocksberg Der Schulausflug (Folge 11) bereitet Bibi ein Frühstück im Schullandheim für die gesamte Klasse vor. Wobei ganz selbstverständlich auch Sekt für die Erwachsenen auf das Buffet gezaubert wird. Weiterer potentieller Diskussionspunkt: Der häufige Verzehr von (Schweine-) Fleisch.

 

 

18.05.

 

Pisse, die ich schon zu Beginn der Pandemie zitierte (Eintrag vom 27.03.), haben noch immer Recht: „Hände geschüttelt, Zäune errichtet! Den Pöbel beruhigt, die Vormacht gesichert! Futterneid, Stabilität – durch Angst! Aber Super CO2-Bilanz!“

 

 

19.05.

 

Wobei mir mein Alter vor Augen geführt wird; gebe ich bei Google „Kylie“ ein, vervollständigt der Automatismus „Jenner“ und nicht „Minogue“.

 

 

20.05.

 

Heute den Wildpark Eekholt besucht. Viele Familien, noch viel mehr Abgründe. Menschen, die der 25 näher sind als der 35 geben sich gegenüber, ihren Nachgeburt...äh..kommen und Hunden ausschließlich mit „Mama“ und „Papa“ aus und tragen Mottoshirts. Zweimal „Walking Dad“, einmal „Va-Thor“ (Untertitel: „wie ein normaler Papa, aber viel cooler“) und selbstverständlich auch Thor Steinar. Das absolute lowlight aber: „Dieser coole Vater gehört zu Finja, Meyla und Finn!“ Verschriftliche Sargnägel, buried alive, there´s no i in team, but still one´s in family?! Abgerundet werden die textilen Desaster durch Rautenmützen und 1887-Jacken. Die endgültige Bankrotterklärung, ein ästhetisches Armutszeugnis auf allen Ebenen. Abends Flens aus der 0,5 l-Flasche und Helbing.

 

 

21.05.

 

Himmelfahrt; tagsüber ganz gut und entspannt. Abends versehentlich bei Pocher - gefährlich ehrlich! reingezappt. Gäste: der Wendler und Laura Müller. Schlaganfall bekommen, Vitrine eingeschlagen.

 

 

23.05.
Eine Freundin und ich hatten mal die selbe Therapeutin, die nach und 
nach in die Esoterik-Truther-Bewegung abzugleiten scheint. Meine 
Theorie dahinter mit Nietzsches Worten: "Wer mit Ungeheuern kämpft, 
mag zusehen, dass er nicht dabei zum Ungeheuer wird. Und wenn du lange in einen Abgrund blickst, blickt der Abgrund auch in dich hinein.” Ich habe sie irre werden lassen und bald seid auch ihr dran!

 

 

 

Nach Notat auf den Balkon.