Zu wenig

Es gibt Enttäuschung, es gibt Verärgerung und es gibt tobsüchtige Raserei.

In meinem Fall ist letzter Punkt dominant, doch nach nunmehr gut zwölf Stunden des harten Verdrusses lassen langsam die Kräfte nach.

Zwei Stunden Schlaf waren vergönnt, ehe Polizeihubschrauber "Libelle" dem Ganzen den Garaus machte, in dem er im Tiefflug über die angrenzende Sportveranstaltung kreist. Weder Libellen noch Marathon-Events machen in der Regel größeren Lärm, doch in St. Pauli-Süd sind es am Sonntagmorgen um 9 Uhr bereits wieder 90 Dezibel. Niemand will zurück in den beknackten Lockdown, aber was war der Frühling 2020 hier bitteschön für eine Wonne...

 

Kommen wir zu etwas noch weit Ärgerlicherem als Rotorengeräusche. Diese Mannschaft ist einfach nicht in der Lage, um in entscheidenden Momenten zu liefern. So herrlich das auch anzusehen war, wie unsere Mannen in der Hinrunde gezaubert haben, so niederschmetternd ist der Mangel, sich gegen Unwegbarkeiten zu stemmen. Wenn in Anfangsphasen erzeugter Druck in Tore umgemünzt wird, wird gepunktet. Wenn allerdings ein Nackenschlag kassiert wird - und sei es zu Spielbeginn - ist der Drops gelutscht. Spiele drehen, Partien mit Vehemenz in der Nachspielzeit für sich entscheiden... absolute Fehlanzeige. Jedes Match dauert inzwischen 96 oder 97 Minuten, doch wir treffen nicht in finalen Minuten. Gegen Aue der Ausgleich zum 2zu2 ist das einzige Zählbare, an das ich mich erinnern kann.

Zumindest in diesem Bereich sind uns die Rauten meilenweit voraus. Kassieren in der 88. einen eigentlich zermürbenden Ausgleich in Regensburg, sehen auch die letzten Felle davon schwimmen, aber machen dann noch ganz easy zwei Buden und sind wieder im Geschäft. Angesichts deren leichten Restprogramms habe ich mittlerweile auch keinen Funken Hoffnung mehr, zu Saisonende vor denen zu landen. Flinten ins Korn zu werfen geht mir gegen den Strich, aber Hoffnung braucht einen Schimmer, den ich gerade nicht erkennen kann.

Niemand kann der Truppe vorwerfen, gestern ein schlechtes Spiel abgeliefert oder oder generell versagt zu haben, Wenn du jedoch wirklich etwas erreichen willst in einer Mannschaftssportart, brauchst du Charakteren, die so tough sind, dass sie sich von Rückschlägen nicht aus der Bahn werfen lassen, die Mitspieler und Publikum mitzureißen verstehen und die Regie auf dem Platz übernehmen. Akteure, die dann einen so dringend benötigten Dreier mit allen Mitteln erzwingen.

Nicht Ronaldinho hat damals Barca Titel beschert, sondern Carles Puyol. Der wichtigste Spieler bei ManU war nicht van Nistelrooy, hieß er doch Roy Kean.

Zur besseren Veranschaulichung nun noch ein kurzes Video von Scott Brown. 15 Sekunden, die exakt den Spirit zeigen, der uns abgeht: