14 Punkte

Eine ganze Saison in einem 95-minütigen Spielverlauf.

In der Rückrunde allein hat der FCSP bislang vierzehn Zähler nach eigener Führung verdaddelt und gerademal lächerliche zwei Punkte nach Rückstand ergattert. Sie haben den Aufstieg nicht verspielt, sie haben ihn schlichtweg verweigert.

Ich kann nur hoffen, die sportliche Leitung zieht aus diesem Fiasko die richtigen Schlüsse, denn auch dort gab es zuletzt Versäumnisse und eklatante Fehlentscheidungen. Der Trainer hat sich in meinen Augen sechs Monate lang vercoacht, denn das Allerallerletzte, das ich Fußballprofis einreden würde, ist, dass es keinerlei Druck gäbe, die Spieler rausgehen sollen, um Spaß zu haben, blablabla. Das sind doch keine 14-Jährigen mit kollektiver Prüfungsangst, handelt es sich doch um Fußballprofis, bei denen ein halbwegs verlässliches Nervenkostüm Grundvoraussetzung für den beruflichen Werdegang ist. Diese Understatement-Scheiße macht alle nur weich. Als ob die Mannschaft die Tabelle nicht lesen und solch ein Grundschulpädagogik-Gequatsche nicht als das verstehen würde, was es ist: Eine Einladung zum Müßiggang.

"Wir haben uns in der Hinrunde sechs Punkte Vorsprung erspielt, stehen unangefochten an der Tabellenspitze.... Jetzt wollen wir auch aufsteigen! Und zwar mit aller Macht, die dafür nötig ist!"

Tja, das wäre mal Musik für meine Ohren. Traut sich aber niemand zu sagen, weil zuvor wieder die Versagensangst einsetzt, letztlich an diesen Worten gemessen werden zu können und in der Medien-Arena am Nasenring durch die Manege geführt zu werden.

Vielleicht predigt Timo Schultz aber in der Kabine ganz anders als in die Reporter-Mikros und wir kriegen das nur nicht mit. Ach, nee... hätten wir ja dank des Bild Zeitungs-Spions innerhalb der Mannschaft alles längst erfahren.

Auch Andreas Bornemann wird wieder liefern müssen. Die Transfers seiner Ära waren mehrheitlich Treffer. Auch andere Personalentscheidungen, beispielsweise die Trennung von einem Torhüter, der partout nicht die Torlinie verlassen wollte, waren absolut nachvollziehbar. Dieses relativ "unsanktpaulianische" Vergraulen des langjährigen Stammtorhüters hatte mir kurz Hoffnung gemacht, dass hier jetzt endlich ein etwas rauherer Wind wehen und eine bedingungslosere Konzentration auf sportlichen Ertrag Einzug hielte. Pustekuchen.

In der Winterpause - gleich nach dem 0 zu 3 in Kiel - hätte er unbedingt noch mal auf dem Transfermarkt nachlegen und zumindest einen erfahrenen Defensiv-Mann mit überdurchschnittlicher Mental-Power verpflichten müssen. Einen Haudegen, der in der Bundesliga oder anderswo von jüngeren Überfliegern auf die Bank vertrieben wurde, aber anstatt dort seinen Vertrag abzusitzen viel lieber mit dem FC St. Pauli aufsteigen würde. Ist natürlich leicht so dahin geschrieben, aber dass es dieser Mannschaft akut an mitreißenden Charaktären mangelt, ist ja wohl kaum zu leugnen.

Hätte ich auf Bornemanns Bürosessel gesessen, als die Fußlümmler ausgerechnet nach dem Unentschieden in Sandhausen Aufstiegsprämien nachverhandeln wollten, hätte ich die so lang gemacht, dass sie fortan Gardemaß für den Basketballsport besäßen.

 

Nächsten Sonntag wird der Rückrunden-Dreizehnte und seine Angestellten trotzdem wieder frenetisch verabschiedet, als sei der Schah gerade auf Deutschland-Besuch. Der "Positiv-Werte-Skala-Anhang", der alles schluckt. "Der FC St. Pauli hat sich stets bemüht, die an ihn gerichteten Anforderungen zu erfüllen" - klingt gut, ist trotzdem eine glatte 6.