Zwei Sackgassen

Der beschämende Vortrag gestern lässt einen immer noch ratlos zurück.

Eine Truppe, die nicht im Stande ist, auch nur einen Hauch von Gegenwehr zu leisten, es vorzieht, sich widerstandslos in ihr Schicksal zu ergeben. Eine Fanszene mit 30(?) Fanclubs allein in Nordamerika, die es nicht mehr schafft, einen Auswärtsblock 180 Km von Hamburg entfernt zu befüllen, so dass eben jener zu einem Drittel leer bleibt.

Niemand wird gezwungen, meine Abgesänge in den Kiezkieker-Printausgaben zu lesen, oder denen sogar zuzustimmen. Aber die dort beschriebene Abwärtsspirale stellt sich in der Realität noch deutlich dramatischer dar. Wenn das Thema "Auflösungserscheinungen" hier weiterhin tabuisiert wird, ich immer der einzige Rufer in der Wüste bleibe, fahren wir in ein paar Jahren mit Mobs nach Rostock, die denen gleichen, die momentan aus Paderborn oder Heidenheim an die Ostsee reisen.

Der FC St. Pauli täte gut daran, sich die nächsten Jahre auf den Fußball zu konzentrieren, anstatt - unter dem Vorwand der Weltenrettung - "Wokism" zu monetarisieren. Denn irgendwann ist jeder Bogen überspannt, gehen Schüsse nach hinten los. Diese "Gendersternchen ist unser Meistertitel"-Nummer zuletzt beispielsweise ist nichts als lächerlich. Und die Tatsache, dass sich die Arschlöcher aus Rostock darüber mokieren, macht diesen ganzen Heckmeck nicht im Geringsten akzeptabler.

Nüchtern betrachtet ist jedoch keine Hoffnung mehr übrig: Cashflow und naive Kundschaft, die sich im Fanshop eine Pseudo-Identität zulegen kann, werden alle Zweifel beiseite schieben. Von der Fanszene, wie wir sie die letzten knapp 35 Jahre kennen, wird nichts mehr überbleiben. NICHTS! Tot wie Salzgitter nach Ladenschluss.

 

Wer aber auch tierisch nervt, sind diese Klappspaten aus HRO. Dieses Kokettieren mit zur Schau gestellter Rechtsoffenheit, die vor einigen Jahren zurückgekehrte dumpfe Scheiße, die eher sächsich denn mecklenburgisch anmutet. DVU-Ästhetik, so hässlich und bemitleidenswert im Vergleich mit den teilweise qualitativ hochwertigen Elaboraten, die Suptras und Co. in der Vergangenheit präsentierten. Peinliche Tapeten, schlecht gemalt und mit obligatorischem Rechtschreibmangel garniert.

Natürlich ist es aus deren Sicht heraus keine schlechte Intention, den "Gutmenschen" mit den eigenen, bescheidenen Mitteln den Spiegel vor's Gesicht zu halten. Aber mal ehrlich: Das ist keine Satire, kein humoresker Seitenhieb unter die Gürtellinie. Der Teil des Hansa-Anhangs, der einen Heimsieg am liebsten noch mit einer zünftigen Runde "Fidschis-Klatschen" abrunden wollen würde, steigt gefühlt jedenfalls sehr merklich. Die hätten vor dreißig Jahren allesamt vor dem Sonnenblumen-Haus in Lichtenhagen gestanden, applaudiert und randaliert. Ausnahmslos.

Ganz besonders übel fand ich das Ding hier. Denn wer ein wenig Geschichtskenntnis besitzt, wird sofort hellhörig, wenn wieder irgendwer "Polen" auf "versohlen" reimt:

 

Zwei Fanszenen mit sehr unterschiedlichen Problemen und diametral entgegengesetzter Ausrichtung. Beide in verschiedenen Sackgassen unterwegs.