Schönen guten Abend!
Eigentlich sollten heute neue Sachen für das kommende Heimspiel gezeigt werden, aber da wider Erwarten noch nichts angekommen ist, muss das noch für ein kurzes Weilchen verschoben werden.
Kurz überlegt, was ich alternativ hier machen kann, wobei vieles mit Bildbearbeitungen verbunden gewesen wäre, wofür ich mich leider nach einem überdurchschnittlich anstrengenden Tag nicht mehr so recht begeistern konnte.
Momentan wieder viel mit Wissenstransfer beschäftigt, weil derlei Bemühungen bei vielen der U-18 Kids auf fruchtbaren Boden stoßen. Das macht gerade große Freude, weil der aktuelle Nachwuchs, der zumeist zwischen 12 und 15 Lenze zählt, nicht nur zahlreich ist, sondern auch im Umgang sehr angenehm und unproblematisch auftritt. Da ein Großteil aus braunweißen Elternhäusern kommt, mir ja auch persönlich diverse Eltern bekannt sind, muss ich an dieser Stelle eben jene mal ausdrücklich für ihre "Erziehungsarbeit" loben: Daumen hoch, guter Job!
Wo waren wir stehen geblieben? Ach ja, Wissenstransfer. Die Weitergabe von Kniffen, Tricks und Techniken. Dabei geht es letztlich und zwangsläufig auch um das Vererben eigener Vorlieben, eigener Vorstellungen davon, was gut und was schlecht(er) ist. Ganz normale kulturelle Abläufe, die keineswegs auf das Fußball-Umfeld beschränkt sind. Überall dort, wo Ältere Jüngeren etwas zeigen können, das diese nicht als überholt und langweilig empfinden, sondern vermehrtes Interesse daran zeigen, sich vorgeführte Skills selbst anzueignen, finden solche Prozesse statt.
Aufklebermalereien können beispielsweise 2024 noch genau wie 2004 Dinge lostreten, wie ich zuletzt gerade begeistert feststellen konnte. All das Social media-Gift, die zwei Dekaden "Zwangs-Digitalisierung", die omnipräsente Reizüberflutung und all der Mist, der meiner Meinung nach eine Kindheit heutzutage viel unschöner als die, die wir in den 80ern genießen durften, macht, ist immer noch viel schwächer als der Drang, reelle Sachen mit den eigenen Händen zu erschaffen. Menschen sind analog. Zumindest so lange, bis die ersten Gehirne mittels KI digitalisiert werden können. Der alte Traum der Superreichen: Unsterblichkeit. Widerlich!
Ein Fanal gegen künstliche Intelligenz wollte ich nun eigentlich nicht halten, eher etwas einleiten, das es gar nicht gibt. Die Rede ist vom guten Style. Eine Erkenntnis, die erst in den letzten Jahren kam. Es gibt derart viele unterschiedliche Betrachtungswinkel, verschiedene Backgrounds, nicht vergleichbare Ausgangslagen, Millionen von Meinungen, die sich diametral entgegen stehen. Auf Fußballtribünen bezogen heißt das, dass du bei unserem Club anders auftreten und propagieren musst als bei... keine Ahnung... nehmen wir Energie Cottbus. Muss ich jetzt nicht ins Detail gehen, Ihr wisst, was ich meine, denke ich.
Auch wenn soeben erzählt wurde, dass es DEN guten Style nicht gibt, kann ja trotzdem die eigene Meinung, der stilistische Ansatz, den ich Donnerstags bei den Ragazzi-Treffen im Fanladen zu vermitteln versuche, durch Bildbelege, die ja mehr als tausend Worte sagen können, begründet werden:
Zwei Vereine, deren aktive Fanszenen ganz und gar nicht auf unserer Wellenlänge funken, sind die von Dynamo Dresden und Inter Mailand. Klingt nach einem Vergleich von Äpfeln mit Birnen, hinkt aber gar nicht so deutlich, denn die Interisti sind auch eine ganz dubiose Szene. In solchen Momenten ist der Griff zu folgendem Brehme & Matthäus-Schal stets schnell getan:
Nun zum Vergleich. Ein Ringen zwischen Perfektion und Seele. Obwohl mich Ultrà-Kultur auf dem Stiefel inzwischen nicht mal mehr ansatzweise so beschäftigt wie vor einem Vierteljahrhundert noch, bleibt das Erstaunen, dass viele Kurven den traditionellen Stil weiterverfolgen. Ein Faszinosum war und ist, dass auch die rechten Kurven Choreos auf die Beine stellen, denen irgendwie etwas Magisches innewohnt, die förmlich eine Seele zu haben scheinen. Überall in Europa machen Ultras mittlerweile weitaus perfektere Kurvenshows, wo bis in den Millimeterbereich jeder Pinselstrich zu passen scheint. Die vermutlich fleißigsten Leute agieren seit einiger Zeit übrigens bei Slavia Prag, wo ebenfalls alles wie geleckt aussieht, als hätte eine riesige Choreografie-Maschine wieder etwas aus einem 70 Meter breiten Schlitz ausgespuckt. Nicht mein Ding, Perfektion hat keine Handschrift, keine unverwechselbare Note, keinerlei Mystik.
Unvorstellbar sauber arbeitet der K-Block. Die folgende Blockfahne, die die Sachsen unlängst in Ingolstadt präsentierten, kannst du nicht "eyecatchiger" machen, ungeheuer kleinteilig, auf jeden Fall ein ziemlicher Aufwand mit einem Elaborat, das 97,5 Prozent von Ultras-Deutschland zu überzeugen weiß. Ich will das Ganze auch gar nicht dissen, obwohl die Mono-Thematik, was für megaharte Macker da 500 Kilometer elbaufwärts rumkaspern, einen solch langen Bart hat, dass dessen Spitze mittlerweile auf Knöchelhöhe baumelt.
Und nun der Auftritt der Cuva Nord gegen Juve am letzten Wochenende. Abgebildet das Antlitz einer Heiligen (Name leider entfallen), das der Fassade des Mailänder Doms prangt. Nix mit Hochglanz, eher diesige Lichtverhältnisse, und dennoch wie eine optische Anklage gegen Plattitüden, die nur noch Gähnen provozieren und Vorurteile bestätigen. Oder kurz gesagt, wunderschön:
Wie auch immer, hoffe, das hat jetzt nicht all zu sehr gelangweilt, morgen dann wieder Butter bei die eigenen Fische, sofern das Paketversandwesen gnädig sein sollte. Gute Nacht!