Brian Wilson

In der Zeit, in der der Blog hier etwas brach lag, dachte ich diverse Male, dass der oder die jetzt wirklich einen kleinen Nachruf verdient hätte. Aber eines muss umunwunden zugegeben werden: Je älter du wirst... desto näher die Einschläge. Heißt, dass jetzt erst alle Heldengestalten meiner Kindheit - zumeist aus TV und Kino - wegsterben, ehe es auch immer mehr im Bekannten- und Freundeskreis losgeht. Zwei Haudegen verlor ich ja allein bei der Fahrt nach Leipzig diese Saison. Zwei legendäre Menschen, mit denen man zwar Jahrzehnte lang zusammen Fussball lebte, die dennoch noch viel zu jung waren, um bereits zu gehen.

Ich rauche zu viel und fresse Unmengen von Industriezucker. Doch die Mixtur aus nie gemachtem Führerschein und seit geraumer Zeit empfundenem Ekel vor öffentlichem Nahverkehr treibt mich für wirklich jeden Weg, den ich zurücklege, auf meinen Drahtesel, der ja eigentlich aus Stahl ist. Kann ich nur empfehlen, sofern das euer Alltag zulässt. Radfahren schenkt einem Lebenszeit... sofern du nicht von einem unachtsamen Lasterfahrer an der nächsten Kreuzung zerditscht wirst, versteht sich.

Morbide heute Abend.

Der kreative Kopf der Beach Boys ist heute im Alter von 82 Lenzen verstorben. Brian Wilson ist den Jüngeren kein Begriff mehr. Oder anders formuliert: Ich betreibe aktive Feldforschung bei Jugendlichen. Ist ein sehr interessantes Thema, zumindest für mich. Welche Popstars oder Rockgruppen von damals sind jungen Menschen heutzutage noch ein Begriff, wer ist vergessen?

Elvis kennen alle, weil er quasi auf dem Level "Zivilisationskonstante" rangiert. Wenn du der "King" bist, immer wieder kulturell reproduziert wirst, verblasst der Ruhm auch 48 Jahre nach deinem Ableben nicht gänzlich.

John Lennon ist auch noch ein Begriff, Michael Jackson sowieso.

Aber ansonsten herrscht große Ahnungslosigkeit, sind die Geschmäcker nicht sonderlich nonkonform, was wiederum keinesfalls verwerflich ist, weil wir in dem Alter auch noch keinerlei ausgereifte Vorlieben hatten. Zumindest die meisten von uns.

Was die Kids nicht verstehen, ist, dass überflüssige Rechtfertigungsversuche, die die eigene Gnade der späten Geburt ins Feld führen, komplett ins Leere gehen. Dann ernten sie Sätze, dass man selbst 1987 Taschengeld ausgegeben hat für eine Musikkassette von Rick Astley. Rick Astley!

Erklärungsversuchen, warum ich fast ausschließlich Musik lausche, die weit vor meiner eigenen popkulturellen Sozialisierung entstanden ist, wohnt eine gewisse Bemitleidenswertigkeit inne. Oder müsste es "Bemitleidenswert" heißen? Egal.

Beach Boys. Haben viele aus meiner Generation nicht verstanden. Das Bild, das wir von der Band hatten, war, dass da ein paar Rich Kid-Brüder den ganzen Tag am Strand mit ihren Surfboards den kalifornischen Traum auslebten. Großer Unfug, wie mir erst deutlich später klar wurde. Brian Wilson war ein musikalisches Genie, das nicht auf frühe Werke wie "Surfin' USA" reduziert werden darf. Faszinierend, wenn eine Band nicht den normalen Weg geht: Debütalbum erste Sahne, das zweite noch gut und dann ein einziger langer Abbauprozess. Bestes Bespiel: Die Beatles. Eine knappe Dekade gemeinsames Schaffen. Die erste Hälfte okaaaay, aber die zweite um Klassen besser. Musik, die selbst in hundert Jahren - falls es dann noch Menschheit geben sollte - gehört werden dürfte. Bach wird ja schließlich auch noch gespielt.

Das großartigste Studio-Album der Beach Boys war ihr elftes. Pet Sounds gilt als eines der besten Popmusikwerke aller Zeiten. Einfach mal Wikipedia bemühen und die Story dazu lesen. Erstaunlich, wieviele Steine denen von der Plattenfirma in den Weg gelegt wurden. Inklusive des saudoofen Fotos auf dem Cover.

So, sehe gerade, dass es bereits Viertel nach elf ist, der heutige Beitrag auf die Zielgerade abbiegen muss. Deshalb nun nur noch schnell das Album, ehe die Einschläge näher kommen: