Tagebücher 2. Teil

Mit einem Tag Verspätung nun also der nächste Part des Logbuches Rückrunde 24/25:

 

Sonntag, 09.02.25

 

Leipzig - FCSP 2:0

 

Ich habe eine schlechte und eine sehr schlechte Nachricht. Zuerst die schlechte: Wir verlieren, und zwar wieder mal dumm und unnötig. 2 x nicht optimal verteidigt, das kommt vor, aber müssen daraus immer gleich Gegentore fallen? Wieder eine stabile Leistung, gegen eine CL-Teilnehmer mit zehnmal so hohem Kaderwert, wieder nicht belohnt. Zieht sich wie ein zähes Kaugummi durch die Saison.

 

Die noch schlechtere, sogar richtig beschissene Nachricht: Veteranen-Bernd ist tot. Offenbar nach dem Spiel gestorben, wo er natürlich zugegen war. Alles-Fahrer since 1910. Unerreicht. Eine Legende, darunter mache ich’s nicht. So ganz nebenbei war er auch noch ein feiner Kerl. Markenzeichen: Ballonmütze, Kamera und immer für einen Flachs gut. Verdammt, Bernd, echt jetzt. Du warst noch lange nicht dran. Niemandem mehr als dir hätte ich es gegönnt, einmal ein europäisches Auswärtsspiel erleben zu dürfen. Doch ganz egal, wo du jetzt bist, du wirst immer bei uns sein. Und dein Geist wird auf ewig in jedem Auswärtsblock stehen.

 

 

 

Sonnabend, 15.02.25

 

FCSP - Freiburg 0:1

 

Kommen wir zum Positiven, denn davon gab es nicht viel und ist daher schnell abgehandelt. Das Gedenken an die drei verstorbenen St. Paulianer war würdig und rundum gelungen. Auch wenn der Tod von langjährigen Fans im Grunde alles andere als positiv ist. Ärgerlich fand ich am Wochenanfang, dass wir immer noch keinen Ort haben, an dem wir trauern und ne Kerze hinstellen oder einen Schal hinlegen können. Viele sind nicht mehr die Jüngsten. Dass bekannte Supporter und Freunde in stetig kürzer werdender Taktung sterben werden, ist etwas, dem wir uns stellen müssen.

 

Der Rest ist Weltraumschrott mit Algengrütze. Ich bin mir nur noch unschlüssig, was ich am beschissensten finden soll: Das bekloppte Eigentor kurz vor Schluss, die üble Verletzung von James Sands oder die nicht neue, aber wiedermal aufgepoppte Erkenntnis, dass sich selbst Menschen, die sich als St. Paulianer bezeichnen, nicht dumm genug vorkommen, um kübelweise Hass und Schwachsinn ins Internet zu ergießen.

 

Es ist wieder einmal deutlich geworden, dass die meisten Socialmedia-Plattformen und Kommentarspalten für eine Diskussion ungeeignet sind. Womit ein deutlicher Relevanzverlust einhergeht. Denn wirkliche Debatten zur Meinungsbildung finden woanders statt. In geschützten und moderierten Räumen, real oder digital. Alles andere muss ungelesen in der Mülltonne landen. Niemand hat die Lust, Energie und Zeit, sich mit dem Shit dort auseinandersetzen, zumal erfolglos und damit sinnlos. Ich würd‘s einfach komplett ignorieren. Social Media ist so mausetot. Ich hoffe auf eine Wiederauferstehung in besserer Form.

 

Und on top habe ich mir, genau wie nach dem letzten Heimspiel, was eingefangen, wieder verbunden mit Fieber pipapo. Zur Winterzeit noch früher als ohnehin schon im Stadion sein, ist halt einfach nicht geil. 95 Minuten vor Kick Off im ***-Kühlfach namens Millerntor schockt nicht.

 

 

 

Sonnabend, 22.02.25

 

Mainz - FCSP 2:0

 

Das Hinspiel hatte ich noch in schlechter Erinnerung. Das bessere Team gewesen und die Tore hergeschenkt. Das sollte diesmal nicht passieren! Wiedergutmachung! Und dann ist folgendes passiert: Das bessere Team gewesen und die Tore hergeschenkt.

 

Was ist eigentlich ärgerlicher: Wenn ätzende Dinge passieren, obwohl man mit etwas anderem gerechnet hatte? Oder wenn man genau damit gerechnet hatte und es dann eben genau so eintrifft? Auf einer Abkotz-Skala läge beides wohl gleichauf, und zwar weit oben.

 

Bereits die dritte Niederlage in Folge. Und alle drei hätten nicht sein müssen. Wir haben bereits den 23. Spieltag, die Crunchtime steht uns bevor. Da zählen Sprüche wie „Mit so einer Leistung gehört St. Pauli in die Bundesliga“ o.ä. nicht, da geht’s halt nur noch um Punkte Punkte Punkte.

 

Wieder mal: 1. Fehler machen ist okay, aber sie dürfen kein Gegentor nach sich ziehen; 2. Ballert die verdammte Kugel endlich in die Maschen! 3. Für eine starke Leistung können wir uns nichts kaufen - es müssen die gottverdammten Punkte her!

 

 

 

Sonnabend, 01.03.25

 

FCSP - Dortmund 0:2

 

Vierte Niederlage in Folge. 400 Minuten ohne Tor. Alle 15 Spiele mit einem 0:1-Treffer gingen verloren. Bei jedem Spiel fehlten mindestens fünf Spieler wegen Verletzungen. Deprimierende Statistik. Noch eine: Es war das gefühlt 20. Match, an dem wir gut mitgehalten haben, phasenweise sogar besser waren, den Laden hinten dicht hielten - bis auf ganz wenige Momente, in denen dann sofort das erste Gegentor fällt. Und schon wieder ein Kacktor, das eigentlich nicht hätte fallen dürfen. Es nervt, und zwar kolossal!

 

Was war noch so? Stimmung okay, aber nach dem zweiten Gegentreffer war der Stecker gezogen. Völlig verständlich. Wenn das Team schon nicht in der Lage ist, beim Stand von 0:1 eine Pleite zu verhindern, wie soll es dann bei einem 0:2 klappen? Zumal nach der starken ersten Halbzeit merklich die Luft raus war. Der Gästeanhang eher mau, sie wachten erst auf, als das erste Dortmunder Tor fiel. Ach, ich habe einfach keinen Bock, mehr zu schreiben. Gibt so Tage. Ciao Kakao.

 

 

 

Sonnabend, 08.03.25

 

Wolfsburg - FCSP 1:1

 

Der FC St. Pauli punktet beim VfL Wolfsburg. Was eigentlich eine zufriedenstellende Nachricht sein sollte, ist durch den Spielverlauf und die Ergebnisse der Konkurrenz negativ eingefärbt.“ schreibt der Millernton Blog treffend und eigentlich kann man es dabei lassen. „Gefühlte Niederlage“ ist auch so ein Ausdruck. Man sollte auch bedenken, dass die Herabstufung von Sieg auf Remis doppelt so schlimm ist wie von Remis auf Niederlage, denn es gehen zwei Punkte verloren statt einem. Immerhin ein stabiler Support von 8.000 St. Paulianer*innnen.

 

 

 

Freitag, 14.03.25

 

FCSP - Hoffenheim 1:0

 

Ganz klar: Die Hundescheiße war’s! Da reinzutreten soll Glück bringen. Und so bin ich vor dem Spiel erst mal herzhaft auf so ne stinkende Tretmine gestapft. Zwar unbeabsichtigt, aber dafür um so ekliger. Und kein Stück Rasen oder wenigstens ne Pfütze weit und breit. Und kein Durchkommen, denn es war bereits 18.30 Uhr und eine große Menschenmasse wollte genau wie ich den Teambus laut und leuchtend empfangen. Also mühselig mit Taschentüchern den Kack aus dem Sohlenprofil gepult, hmmmm, yummie. Dann war ich bereit für den Bus, doch er kam einfach nicht. Die Tore zur Gegengerade hatten bereits geöffnet. Ich fürchtete, in meiner Stamm-Ecke keine Lücke mehr vorzufinden, wenn ich noch länger wartete, also dann doch rein, schade. Erst mal Hände waschen. Vom Stehplatz aus konnte man das Spektakel zumindest erahnen, denn einiges an Feuerwerk ging hoch in die kalte Abendluft St. Paulis.

 

Der Bereich um mich herum – nette und stabile Leute - dehnte aufgrund des noch früheren Kommens das Spieltagsritual aus. Was soll man also machen über 90 Minuten vor dem Spiel und noch lange, bevor überhaupt die ersten Spieler zum Aufwärmen kommen? Palavern halt. Politik, Sport, Privates, Flachs. Dabei 1-2 Kaltschalen verhaften. Rock´n´Roll Freitag. Irgendwann landet die Aufstellung im Handy, die Spannung steigt dann doch langsam an und die Gespräche drehen sich mehr in Richtung Fußball. Oh, Eggestein wieder auf der Bank. Saad von Anfang an. Mal gucken.

 

Intensives Match, trotz eher wenig Torraumszenen war’s packend zuzusehen. Der Ketchup schoss dann in der 51. Spielminute aus der Flasche - Tor! Wow! What a feeling, being's believin´. Doch der Sack wurde nicht zugemacht, und so bangten wir 45 weitere Minuten, bis der erlösende Schlusspfiff ertönte. Drei Punkte und wieder mal eine bundesligareife Leistung. Auch die Statistiken sprechen eine deutliche Sprache: xG 1.95 zu 0.2, 15 zu 4 Torschüsse (aufs Tor 5 zu 0), 3 zu 0 Großchancen, 11 zu 2 Ecken. Musste einfach früher klar machen, aber auch dafür gibt’s drei Zähler und die brauchen wir dringend. Den heutigen Gegner haben wir in der Tabelle damit auch wieder auf Schlagdistanz.

 

Nach dem Spiel ins Tiefgang für eine Spielanalyse mit Tiefgang, einen Drink zum Runterkommen oder einfach nur zum sich freuen. Theoretisch kannst du und darfst du mit so einer Performance nicht absteigen. Theoretisch. Und auch, wenn sich das in der Tabelle (noch) nicht wirklich widerspiegelt, so ist während der ganzen Saison auch eine Entwicklung zu sehen, ein Lernprozess. Während der letzten beiden Spiele wurden zum Beispiel dann endlich auch die groben Schnitzer abgestellt, die so oft - zack - sofort zu einem Gegentreffer geführt hatten. Der letzte Step für die Chrunchtime wäre, trotz aller Defensivarbeit vorne mehr Durchschlagskraft zu bekommen. Den einen Punch zu setzen, der den Unterschied ausmacht. Angesichts der offensichtlichen Lernkurve der Jungs ist ihnen das zuzutrauen. Ich setze da vor allem auch auf die Rückkehr von Guilavogui und einen Saad, der nach der Länderspielpause wieder bei 100 Prozent ist.