Moin!
Wenn Partien nicht optimal laufen und du am Ende die Segel streichen musst, möchte ich eigentlich in gar keiner Weise mehr an eben jene erinnert werden. Die Erfahrung zeigt, dass es schlauer ist, sich von negativen Trends nicht beirren zu lassen, Zweifel nicht zu erlauben, die Regie zu übernehmen. Im Laufe der Jahrzehnte hat diese Niederlagenverdrängung wirklich professionelle Züge angenommen und der durchschnittliche Verdauungsprozess gelingt zumeist binnen einer Stunde.
Dennoch bin ich froh, dass es noch Menschen gibt, die sich der Realität stellen. Bremen-Bericht:
Die gemeinen Spieltagebücher des João Marinho Neto
Sonnabend, 04.10.25
Werder - FCSP 1:0
„Hamburg ist ne schöne Stadt, da lohnt es sich zu leben, drum fahren wir nach Bremen und benehmen uns…“ nicht daneben. Warum auch? Bremen ist nämlich auch ne schöne Stadt mit einem prima Quartier in Stadionnähe, freundlich gesinnten Heimfans und einer kurzen Anreise. Allerdings kann es auf solchen Fahrten schon mal vorkommen, dass die Regional-Züge voll sind. Man könnte den ICE nehmen, aber bei einem Preis von über 30 Euro pro Strecke mit nur 14 Minuten Zeitvorteil ist das für D-Ticket-Inhaber nicht so die Traumlösung. Aber ich bin ja sowas von clever, dachte ich mir, nimm einfach den Metronom eine Stunde vor dem ersten der drei vom Fanladen empfohlenen Verbindungen. Der ist dann auf sicher noch leer und du kannst in der Bahn mit nem Kaffee schön chillen. So der Plan. Ha ha, ja danke. Denn diese brillante Idee hatten offenbar noch ein paar vereinzelte Fans. Jedenfalls kam man kaum noch in den Zug rein, denn der war so gerammelt voll, dass die Menschen schon fast aus dem Türbereich rausquollten.
Man freut sich dann über die kleinen Dinge des Lebens wie einen viertel Quadratmeter Stehfläche im Spa(ß)-Bereich vor der Bordtoilette. Die Temperatur stieg parallel zum sinkendem Sauerstoffanteil, trotzdem waren alle waren fröhlich und entspannt. Es wurde gerätselt, ob die späteren Züge denn jetzt alle leer seien, da ja offenbar der gesamte Auswärtsblock hier gerade ölsardinenmäßig versammelt war. Am Bremer Hauptbahnhof wälzte sich die Masse bei fiesem Regenwetter dann Richtung Altstadt oder Steintorviertel, beides zu Fuß oder mit der Tram gut erreichbar.
Das alkoholische Warming Up verlief altersgerecht mit eher wenigen und kleineren Gläsern, man möchte schließlich mit einigermaßen klarem Kopf das Match gucken. Erste Liga, mitnehmen, genießen, gönn dir. „Du spielst ganz woanders - in Liga 2“ war lange genug. Im Gästeblock des Weserstadions hatte ich das Pech, dass eine sehr große und die komplette erste Halbzeit ohne Pause geschwenkte Fahne ungefähr 70 % der Spielfeldsicht verdeckte. Erst mal Respekt dem (glaube weiblichen) Fan zu dieser Ausdauer und ich finde das auch gut und sehe mich keinesfalls im Team „Fahne runter!“ Andererseits war es für die Augen und die Konzentration schlicht anstrengend, weil man oft halt nicht mitbekam, was da unten auf dem Platz gerade passierte. Immer so Bruchstücke, den Rest musste man irgendwie erfühlen. Aber damit muss man immer rechnen. In der zweiten Halbzeit wurde die Flagge dann woanders geschwenkt, insofern alles chico.
Unseren Support fand ich von meiner Warte aus okay, ne 3+, mehr aber auch nicht. Wobei unser Spiel halt nicht der Stimmungs-Burner war. Dritte Niederlage in Folge, hmpf. Die zweite Halbzeit war anständig, besonders die letzten 20 Minuten. Nächstes Mal bitte früher wechseln und umstellen, Monsieur Blessin. Es war insgesamt nicht ausreichend, um heute was zu holen. Klar, wenn du bereits nach 90 Sekunden einem Rückstand hinterherhecheln darfst und Werder im zweiten Durchgang hinten den Laden knallhart dicht macht, dann ist das keine Rookie-Challenge. Spielerisch ist das ansehnlich, aber es fehlte vor allem in Hälfte eins die Griffigkeit, gepaart unnötigen Ballverlusten. Das sind Basics, die bei einem Team wie dem FC St. Pauli eigentlich sitzen sollten, sonst wird das halt nix. Die Hausaufgaben für die Länderspielpause stehen somit fest.
Der Abmarsch vom Stadion zum Bahnhof dann wieder im Regen. Während des Spiels schien die Sonne. Von der wir nichts hatten, da sie von hinten kam und wir in einem überdachten Stadion standen. Nächstes Mal andersherum, bitte, danke.
Am HB-Hbf dann wieder Bahn doing Bahn things. Verspätungen und Chaos, normal. Stehplatz in der Bimmelbahn. Irgendwann endlich back home in Hamburg. Aber auch das gehört dazu. Hat niemand behauptet, dass es einfach wird. 2 (von 3) Auswärtsfahrten mitgemacht. Ich weiß, einige von Euch lächeln jetzt müde, zumal die kurz bis sehr kurz waren. Aber für so viele brauchte ich vor einiger Zeit noch mehrere Jahre. Es ist eine Steigerung, so! Dagegen 0/0 Heimspiele. Aber das wird sich am 19.10. ändern. Dann gibt’s auch wieder Punkte, darauf wette ich meinen Allerwertesten. Denn der wurde heute wirklich geschont.