Du kannst nicht nur dann kommentieren, wenn es wie gewünscht läuft. Das ist zwar eine bequeme Herangehensweise, wäre allerdings (maximal) die halbe Wahrheit.
Unsere Schreibkraft mit der größten Lebenserfahrung kann eh nichts mehr schocken:
Zur Einleitung noch kurz zum SGE-Spiel:
Die gemeinen Spieltagebücher des João Marinho Neto
Sonnabend, 25.10.25
Frankfurt - FCSP
Da ich es mir gerade im östlichen Mittelmeer gutgehen lasse - Palmen, Sonne, Strand und Bounty - habe ich vom FC St. Pauli zum Glück so gar nichts mitbekommen. Keine Ahnung, wie sie gespielt haben, interessiert mich auch nicht. Polizei doing Polizei things? Nee, nicht doch. Antisemitische Vorfälle im Auswärtsblock? Kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen. Schließlich sind wir doch beim antifaschistischen FCSP. Und in der Zwischenzeit haben Jackson und Jamilla Irvine sich bestimmt für ihren Aktionen entschuldigt und sich erklärt, zum Beispiel in dem sie das Existenzrecht Israels anerkannt haben. Dann ist die Sache auch endlich vom Tisch.
Also, alles chico in Hamburgo. Kann ich hier entspannt mit einem kühlen Drink den Sonnenbrand von innen löschen. Don’t worry, be happy.
Die gemeinen Spieltagebücher des João Marinho Neto
Sonnabend, 01.11.25
FCSP - Mönchengladbach 0:4
Wie bewältigt man sowas? Auch als Fan muss man solche Desaster aufarbeiten. Sonst knabbert man viel zu lange daran herum. Bloß wie… Also, was darf´s sein? Bitte ankreuzen:
[_] Selbstmitleid
[_] Wut
[_] Fatalismus
[_] Sarkasmus
[_] Alles scheiße
[_] Jetzt erst recht
Ach so, das ist ja gar nicht interaktiv hier. Vollständig aufdröseln werde ich diesen fürchterlichen Nachmittag sicher nicht. Was soll’s, fangen wir mal spaßeshalber (ups) von vorne an.
Kennt jemand noch das Arminia-Bielefeld-Fanzine mit dem poetischen Namen „Um halb vier war die Welt noch in Ordnung“? Das war sie für uns. Siehe auch das Foto. Ein Weiterkommen im Pokal im Rücken, klar zur Wende gegen den Tabellenletzten, der seit dem Urknall nicht mehr gewonnen hat. USP hat Bock macht seit fast einer Stunde richtig Alarm.
Mönchengladbach suhlt sich in Nostalgie. Und als ob das nicht schon cringe genug wäre, schreiben die da auch noch einen Begriff auf das Plakat, den wir am Millerntor nach ausgiebiger Debatte bereits Mitte der 90er beerdigt haben: „Mythos“. Nein, das durchaus schmackhafte Bier aus Griechenland ist damit leider nicht gemeint. Ich lese da „Mythos Borussia Nordharz“. Okay, war wohl nicht so geplant, passte aber ins Bild. Schlimmer wäre dann nur noch „Kult“ als Eigenlabel. „Kult-Mythos“ - bitteschön Gladbach, Eure nächste Choreo.
Die Geschichte eines weiteren Clubs, dessen Vergangenheitsverklärung die Zukunft verbaut, hätte an diesem Sonnabend gerne genauso weitererzählt werden können. Wurde sie aber nicht. So gar nicht. Stattdessen war neben dem Heiligengeistfeld bereits das erste Dom-Fahrgeschäft in Betrieb. Eine gruselige Geisterbahn, aus der man bereits lange vor dem Ende einfach nur raus wollte, damit die Quälerei endlich aufhört. Freifallturm würde auch passen. Nur ohne Bremse.
Zum Spiel muss ich eigentlich nichts mehr sagen, schon weil´s niemand mehr lesen will, ich´s nicht schreiben will und es genügend Analysen gibt, die bei der Lektüre fast körperlich weh tun. Auf der Tribüne wunderte ich mich nur ein wenig, dass bei einem Team wie dem Schlusslicht Gladbach, das so derbe von verletzungsbedingten Ausfällen geplagt sein soll, immer noch solche Kaliber wie Honorat, Tabakovic oder Machino auf dem Platz stehen. Tabakovic (xG 1.56 – alle 6 FCSP-Offensivkräfte zusammen 0.51) besorgte dann auch das 0:1 sowie das 0:2 nach Assist von Honorat, gab die Vorlage zum 0:3-Treffer durch Machino, der wiederum zum 0:4 auflegte. Nun ja. Das sollen aber keine Ausflüchte sein, die Niederlage haben wir uns schön selbst zuzuschreiben, aber krass fand ich das trotzdem.
Ich lasse es schon lange nicht mehr zu, mir das Leben von beschissenen Fußballspielen oder schlechten Tabellenständen zu versauen. Auch wenn ich zugeben muss, dass diese desolate Leistung als Krönung einer Serie von sechs Pleiten in Folge durchaus ein Schlag ins Kontor ist. Gleichwohl: Wer glaubt, Tabellenplatz 15 in der Bundesliga sei ein Tiefpunkt, den erinnere ich gern an das 0:6 beim VfB Lübeck 2002 oder die zwei Niederlagen bei HSV II im Jahr 2004, während der Verein parallel kurz vor der Insolvenz stand. Das soll kein Maßstab sein, aber für eine psychologische Einordnung sicher hilfreich.














