Arbeitskampf im Fanshop

Offener Brief der Teilzeitbeschäftigten des Fanshops Millerntor an die Geschäftsführung der Upsolut Merchandising GmbH und Co. KG

Die Teilzeitbeschäftigten des Stadion-Fanshops protestieren in einem Offenen Brief gegen ihre Arbeitsbedingungen. Unterstützung findet ihr Arbeitskampf auch in der Fanszene des FC St. Pauli. Ein Ausdruck davon ist der Blog Solidarisch auf St. Pauli.  

Sehr geehrte Geschäftsleitung,


wir, die Teilzeitbeschäftigten des Fanshops des FC St. Pauli am Millerntor wenden uns auf diesem Wege an Sie, weil wir nicht länger bereit sind, die Verschlechterung unserer Arbeitssituation schweigend hinzunehmen.

Als Merchandisingunternehmen schmücken Sie sich mit dem Image des sozialen und alternativen FC St. Pauli und verkaufen einen Lifestyle, an den Sie sich selbst allerdings nicht gebunden fühlen. Denn anders kann man sich nicht erklären, dass Upsolut es mit den arbeitsrechtlichen Bestimmungen und dem sozial verantwortlichen Umgang mit seinen Mitarbeitern nicht so genau nimmt.

 

Wir Teilzeitkräfte im Fanshop Millerntor versuchen seit Jahren, bei Ihnen Gehör für unsere Belange zu finden – bislang allerdings ohne Erfolg. Die zuständigen Führungskräfte zeigen keinerlei Bemühen, die bemängelten Missstände zu beheben; unsere Vorschläge zur Verbesserung unserer Arbeitssituation werden beharrlich ignoriert.


Noch immer gibt es in Ihrem Unternehmen Beschäftigte, die auch nach jahrelanger Betriebszugehörigkeit ohne schriftlichen Vertrag arbeiten. Obwohl viele von uns seit Jahren durchschnittlich 80 Stunden im Monat arbeiten, weigern Sie sich nach wie vor, dies vertraglich festzuhalten. Warum die Upsolut Merchandising nicht bereit ist, ein bestimmtes Arbeitspensum für seine Teilzeitkräfte festzuschreiben, wird seit Beginn des neuen Jahres deutlicher denn je: Es sollen uns gegenüber keine Verbindlichkeiten eingegangen werden. Wir stellen die Manövriermasse dar, die ganz nach Belieben eingesetzt werden kann.

 

Die Anpassung an den Umsatz erfolgt auf unserem Rücken – auf dem Rücken der sogenannten „Aushilfen“, die bislang immer bereitwillig anrückten, wenn sie gebraucht wurden, die aber umgekehrt mit keinerlei Sicherheit zu rechnen haben.

 

Seit Jahresbeginn hat sich die Situation für uns Teilzeitbeschäftigte insbesondere in den beiden Fanshops auf der Reeperbahn und am Millerntor zugespitzt. Die Öffnungszeiten wurden verkürzt und das Stundenkontingent so drastisch reduziert, dass wir im Durchschnitt auf nur noch 40 bis 50 Arbeitsstunden kommen, einige sogar auf weniger als 40 Stunden im Monat. Auf eine Vorankündigung dieser Maßnahmen wurde uns gegenüber gänzlich verzichtet; der „angepasste“ monatliche Dienstplan erreichte uns am Tage seines Inkrafttretens. Eine Planung des Lebensunterhaltes wird uns somit vollkommen unmöglich gemacht.

 

Unseren Vorschlag, dem alljährlich wiederkehrenden Problem des Umsatzloches im Frühjahr durch Arbeitszeitkonten zu begegnen, haben die Verantwortlichen bis heute keiner Reaktion gewürdigt.

 

Auch einige Vorfälle der jüngeren Vergangenheit zeugen von mangelnder Wertschätzung unserer Arbeitsleistung und lassen eine konsistente Personalpolitik vermissen.


So wurde im Frühjahr 2011 fünf unserer KollegInnen gekündigt. Begründet wurde dies mit dem Abstieg in die zweite Bundesliga. Völlig unverständlich erschienen die Kündigungen allerdings vor dem Hintergrund, dass zu diesem Zeitpunkt die Eröffnung des zweiten Fanshops auf der Reeperbahn unmittelbar bevorstand. Dass dadurch zusätzlicher Personalbedarf entstehen würde, dürfte bei diesem Planungsstand durchaus absehbar gewesen sein. Dubios wirkten die Kündigungen nicht zuletzt deshalb, weil sie mit den Vorbereitungen zur Gründung eines Betriebsrates bei der Upsolut Merchandising zusammenfielen. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.

 

In den darauffolgenden Monaten bewarben sich mehrere Teilzeitbeschäftigte auf intern ausgeschriebene Vollzeitstellen im Fanshop Millerntor – mit ernüchterndem Ergebnis. Nicht eine einzige Teilzeitkraft konnte ihre Stundenzahl erhöhen oder wurde in Vollzeit eingestellt, obwohl es bereits mündliche Zusagen auf die jeweiligen Stellen gab. Nachdem die Vertragsunterzeichnung einige Wochen hinausgezögert wurde, hatte es sich am Ende lediglich um „Missverständnisse“ gehandelt.


Wir Teilzeitkräfte möchten in Ihrem Unternehmen nicht wie Mitarbeiter zweiter Klasse behandelt werden und fordern Sie als Geschäftsführung auf, dem Gleichbehandlungsgrundsatz zu folgen und dafür zu sorgen, dass sich unsere Arbeitsbedingungen nachhaltig verbessern.

 

Dazu gehören für uns zunächst schriftliche Arbeitsverträge, die unser tatsächliches Arbeitsverhältnis abbilden. In diesem Rahmen sollen auch die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall sowie die gesetzlichen Urlaubsansprüche schriftlich festgehalten werden.

 

Sofern eine Anpassung des Personaleinsatzes an den Umsatz erfolgen muss, sollten diese Schwankungen durch ein geeignetes Arbeitszeitmodell reguliert werden. Die Einführung eines Arbeitszeitkontos würde es ermöglichen, in umsatzstärkeren Monaten Stunden zu sammeln, um damit umsatzschwächere Monate auszugleichen.

 

Die Einführung von Sonn- und Feiertagszuschlägen würde endlich honorieren, dass das außergewöhnliche Arbeitsaufkommen an Spieltagen oder Sonderverkaufstagen wie dem Nachtverkauf stets mit großer Einsatzbereitschaft bewältigt wird. Diese lange überfällige Maßnahme müsste selbstverständlich nicht nur für uns Teilzeitkräfte, sondern für alle MitarbeiterInnen gelten. Somit würde auch die Arbeit der Beschäftigten im Fanshop Reeperbahn, der grundsätzlich auch an Sonn- und Feiertagen geöffnet hat, angemessen gewürdigt.

 

Sie als Geschäftsführung sollten unseren Beitrag zum Unternehmenserfolg nicht unterschätzen und dafür Sorge tragen, zufriedene und motivierte MitarbeiterInnen zu beschäftigen. Wir können und wollen unsere derzeitige Situation nicht länger hinnehmen.

 

Die Teilzeitbeschäftigten des Fanshops Millerntor

 

24. Februar 2013